Stüken-Wesergold-MTB-Cup in Rinteln
Nach dem ersten rennfreien Wochenende nach fast drei
Monaten, an dem ich schon ernsthafte Entzugserscheinungen gezeigt habe, ging es
an diesem Wochenende zum XC-MTB-Cup nach Rinteln. Nachdem ich im letzten Jahr
dort ein super Rennen fahren konnte, freute ich mich besonders auf das Event an
der Weser. Da es kaum ein Rennen gibt, dass so zuschauerfreundlich und zentral
ist, machten sich am Sonntag Morgen sogar zwei Autos aus dem heimischen Dorf
auf den Weg zum Stüken-Wesergold-Cup.
Als wir kurz vor Mittag den zentral gelegenen Marktplatz,
das Zentrum des Geschehens, erreichten, waren die Unwetter des Vortages
vergessen und die Sonne zog alle Zuschauer in die zahlreichen Cafes und
Restaurant nach draußen. Meine Eltern suchten sich einen Platz mit Blick auf
die Strecke und konnten so die Zeit bis zu meinem ersten Start problemlos mit
Kaffee überbrücken. Während wir uns auf den Weg zur Nennstelle machen, nehmen
wir schon einmal die ersten Hindernisse der Strecke in Augenschein. Der
Kamelbuckel auf der Startgeraden ist einer kleineren Rampe gewichen und die
große Rampe an der Kirche ist auf die andere Seite gewechselt. Viele Fahrer sind
bereits dabei sich mit der Streckenführung vertraut zu machen und immer wieder
fliegen wohlbekannte Eulenfahrer vorbei. Während wir auf unsere Nennung warten,
treffen wir auf viele bekannte Gesichter, viele Umarmungen und viele
Spekulationen über die beste Taktik auf der engen kurvigen Strecke. Ich ertappe
mich dabei, wie ich allmählich unruhig werde. Ich will nun auch endlich aufs
Bike und die Strecke testen. Als wir endlich die Startnummern in der Hand
haben, joggen wir zügig zu unserem „Begleitfahrzeug“ zurück. Schnell umziehen,
Baby auspacken und schon geht es auf die Strecke. Der Großteil des Rennens spielt sich rund um den Stadtpark in Rinteln ab. Klingt wenig spektakulär, ist
aber dank zahlreicher sehr enger Kurven, kurzer Anstiege und kurzer Trailstücke
nicht zu unterschätzen. Ich fahre die Strecke zweimal flüssig ab und treffe
gerade rechtzeitig wieder am Start ein, um auf den geballten Rest meines Teams
zu treffen. Gemeinsam feuern wir die kleinsten Vereinsmitglieder an, die ein super
Rennen fahren. Ich bin immer wieder total fasziniert, wie gut fünfjährige
Kinder mit ihren Rädern umgehen können und so ein Rennen meistern. Viel
schneller als geplant ist es für uns Zeit, sich in den Startblock einzuordnen.
Im Hauptrennen starten die Altersklassen jeweils eine Minute versetzt, sodass
ich nicht nur im ersten Startblock, sondern dort auch noch in der zweiten Reihe
stehe. Da es auf der engen Strecke wenig Möglichkeiten zum Überholen gibt, muss
auf jeden Fall ein guter Start her, um aus dem Gröbsten raus zu sein. Noch 10.
Einatmen, einklicken, ausatmen, Start. Ich erwische einen wirklich guten Start,
komme problemlos über die erste Rampe, lege mich voll in die erste Kurve und
kann vor der engen Einfahrt in den Stadtpark noch einige Fahrer überholen,
sodass ich als 5. Fahrer überhaupt den Wall erreiche. Doch da passiert es. Ich
kann das Zischen hören und spüre, wie der Widerstand an meinem Hinterrad
zunimmt, doch ich wehre mich gegen die Vorstellung, dass das jetzt ernsthaft
mein erster Platten bei einem Rennen sein soll. Doch ich muss anhalten und es
ist wirklich nicht zu übersehen: mein Hinterreifen ist platt. Ich sehe Dirk ein
paar Meter weiter die anderen anfeuern und renne hysterisch auf ihn zu, dann
rennen wir samt meinem Rad zu seinem Auto, welches Gott sei Dank nur 50 Meter
abseits der Strecke geparkt ist. Dirk kann mir einen 26er Schlauch leihen und
beginnt zügig und konzentriert meinen Schlauch zu wechseln, während ich völlig
desillusioniert zusehen muss, wie alle anderen Fahrer ihre Runden über den Wall
drehen. Inzwischen haben sich auch mein Vater und mein Freund den Weg zu mir
gebahnt und versuchen mich zu trösten. Dirk hat inzwischen bereits mein Rad
wieder zusammengesetzt und ich beginne die Aufholjagd. Ich gebe wirklich alles,
knalle mit blockierten Bremsen um die engen Kurven im Stadtpark und lasse den
Wall hinter mir. Kette rechts, zurück in die Innenstadt. Ich kann einige Fahrer
auf der langen Geraden überholen, bis schließlich die zwei kleineren Rampen in
Sicht kommen, wo ich das Tempo rausnehmen muss um nicht aus der Kurve zu
fliegen. Als ich schließlich die Rampe an der Kirche erreiche, habe ich
zumindest alle meine direkten Konkurrentinnen wieder eingeholt und liege, als
ich die erste von sechs Runden beende, wieder auf Platz 1. Ich bin wieder versöhnt
mit der Welt und erreiche den Stadtpark, fahre zügig durch die Kurven und habe
kurz darauf Mühe, mein Bike an der nächsten Kurve stabil zu halten. Was ist
denn da los? Das kann doch nicht sein. Ich gebe noch mehr Druck auf die Pedale
und muss mit einem Blick nach unten feststellen: Mein Hinterrad ist platt.
Das Bild sagt eigentlich alles über mein Einzelrennen aus... |
Mit zusammengepressten Lippen und mühevoll zurückgehaltenen
Tränen verlasse ich die Strecke und treffe wieder auf Dirk, der genauso
fassungslos ist wie ich. Doch wieder animiert er mich zum Weitermachen, wir
joggen zu seinem Auto, doch jetzt heißt es flicken. Während Dirk kurz und fachkundig
meinen Vater und meinem Freund erklärt, was jetzt zu tun ist, stehe ich einfach
nur da und sehe den anderen Fahrern bei ihrem Rennen zu. Gemeinsam wird mein
Schlauch geflickt, mein Hinterrad wieder eingesetzt und der Schnellspanner
geschlossen. Inzwischen wurde die letzte Runde eingeläutet und ich habe nur
noch ein Ziel: diese Runde beenden und die Ziellinie erreichen. Wieder auf die
Strecke. Diesmal komme ich nicht einmal eine Runde weit, schon an der nächsten
Ecke ist Schluss, denn: Mein Hinterreifen ist platt. Ich weiß inzwischen nicht
mehr ob ich lachen oder weinen soll, doch schließlich siegt dann doch der
Kampfgeist und ich renne los. Mit meinem Rad in der Hand jogge ich den Wall
hoch, den Wall runter, über die Rampen und erreiche schließlich das Ziel. Die
anderen Eulen nehmen mich in Empfang und Timo nimmt sich sofort meinem
Plattenproblem an. Wir „wandern“ zu seinem Auto, nehmen in aller Ruhe nochmal
mein Hinterrad auseinander, tasten den Mantel nach Fremdkörpern ab und
begutachten den Schlauch. Wir haben wohl in dem Stress der Rennsituation ein
zweites, deutlich kleineres Loch einfach übersehen. Auch Timo gehört noch zu
den wenigen Fahrern, die dem 26er Laufrad treu geblieben sind, und kann so mit
einem neuen Schlauch aushelfen. Wir nehmen uns diesmal mehr Zeit und ich
bekomme eine weitere fachkundige Anleitung zum Schlauchwechsel.
Als wir fertig sind machen wir uns auf den Weg zurück zum
Marktplatz, wo die Siegerehrung bereits begonnen hat. „Jetzt zur Siegerehrung
der Damen. Auf dem dritten Platz: Evelyn Behre vom MTB Eulenexpress!“ Was?? Ich
bin trotz drei Platten, 2 km Joggen und ganzen 7 km in 50 Minuten nicht die
Letzte? Keine Zeit für weitere Überlegungen, ich schwinge mich auf mein S-Works,
bahne mir den Weg durch die zahlreichen Zuschauer und nehme, wenn auch mit
nicht ganz überzeugtem Lächeln, meine Urkunde entgegen.
Insgesamt sind heute 17 Eulen aller Altersgruppen am Start
und als wir uns dann alle gemeinsam über den Kuchen hermachen und in der Sonne
auf den Start des Teamrennens warten, ist es einfach eine tolle, fast familiäre
Atmosphäre, auch wenn ich einige zum ersten Mal persönlich treffe. Mit unserer geballten Eulenpower wollen wir nun das Teamrennen rocken, denn wir sind mit drei
„Fischteichhöllen“-Teams am Start und haben Großes vor. Ich habe mich
inzwischen wieder soweit gefangen, dass ich Witze über mein Pech machen kann
und das Lachen wieder ausgelassener ausfällt. Trotzdem haben wir unser Team auf
vier Fahrer erweitert, denn die drei schnellsten werden gewertet. So will ich
vermeiden, dass ich mit einem weiteren Defekt die Chancen für mein Team
zerstöre.
Wir wechseln die Startnummern und machen uns, fast eine
Stunde vor Rennstart, auf den Weg in den Startblock. Wieder stehe ich, diesmal
in mitten von den anderen Eulenfahrern, in der zweiten Reihe. Diesmal ist das
Gedränge im Startblock größer, es wird mehr geschoben, die Stimmung ist
deutlich angespannter. Kampfansagen fliegen durch die Luft, Blicke werden
getauscht, Teamtaktiken besprochen.
Die Taktik der „Fischteichhölle 2“ ist
ebenso einfach wie einprägsam: Drei Runden Kette rechts und volle Power. Ich bin mittlerweile schon erschöpfter als
nach einem Marathonrennen und habe nichts mehr zu verlieren, dementsprechend
entspannt bin ich als der Countdown gestartet wird. Der Startschuss fällt und
wieder komme ich gut durch die Startzone, die erste Rampe und auf geht’s in den
Stadtpark. Diesmal läuft es einwandfrei. Wall hoch, Wall runter, Trail hoch und
dann Power auf der Straße zurück in die Innenstadt. Die Rampen hoch, die Rampen
runter, Kette rechts und die erste Runde ist vorbei. Noch kann ich meine
Führung bei den Frauen behaupten, doch ich habe Moni und Kathrin an meinem
Hinterrad und muss ganz schön kämpfen. Aber es macht einfach Spaß!
Kurz vor dem Ende der zweiten Runde überholt mich Moni und zieht uns mit sich. Die dritte Runde bricht an, jetzt noch einmal alles geben. Ohne Probleme am Wall sprinten Kathrin und ich Seite an Seite durch die Innenstadt, knallen gemeinsam die steile Rampe hinauf und um die letzte Kurve. Im Zielsprint überholt mich Kathrin dann doch, meine Waden brennen und ich bin vermutlich erschöpfter als nach einem normalen Marathonwettkampf, trotzdem ist das Gefühl im Zieleinlauf super. Wir Eulen feiern uns noch ein wenig gegenseitig, dann werden auch schon die Ergebnisse ausgerufen. Unsere Teams liegen auf Platz 3, Platz 4 und Platz 7. Moni gewinnt vor Kathrin und mir die Einzelwertung, und als wir gemeinsam das Podium erklimmen und uns noch einmal feiern lassen, ist mein Lachen auch wieder echt.
Der Start ins Teamrennen |
Endlich wieder fahrend! |
Kurz vor dem Ende der zweiten Runde überholt mich Moni und zieht uns mit sich. Die dritte Runde bricht an, jetzt noch einmal alles geben. Ohne Probleme am Wall sprinten Kathrin und ich Seite an Seite durch die Innenstadt, knallen gemeinsam die steile Rampe hinauf und um die letzte Kurve. Im Zielsprint überholt mich Kathrin dann doch, meine Waden brennen und ich bin vermutlich erschöpfter als nach einem normalen Marathonwettkampf, trotzdem ist das Gefühl im Zieleinlauf super. Wir Eulen feiern uns noch ein wenig gegenseitig, dann werden auch schon die Ergebnisse ausgerufen. Unsere Teams liegen auf Platz 3, Platz 4 und Platz 7. Moni gewinnt vor Kathrin und mir die Einzelwertung, und als wir gemeinsam das Podium erklimmen und uns noch einmal feiern lassen, ist mein Lachen auch wieder echt.
Am Ende machen wir uns mit zwei Bronzemedaillen auf den Weg nach Hause. Klar hatte ich mir mehr erhofft von diesem Rennen, aber zum Radsport gehört eben neben der körperlichen Leistung auch immer die Technik. Ich hatte in dieser Saison so viel Glück mit meinem Rad, das mich quasi immer defektfrei ins Ziel gebracht hat! Defekte gehören nun mal dazu, auch wenn es sehr ärgerlich ist. Trotzdem hatte ich einen tollen Tag mit meinem Team, die Stimmung war einfach unbeschreiblich! Danke an dieser Stelle nochmal an Dirk, der fast seinen Start verpasst hätte, weil er mir geholfen hat und Timo, der sich am Ende nochmal so viel Zeit für mein Rad genommen hat.
Die Renntage mit euch sind immer etwas ganz Besonderes!
Danke auch an meine Eltern, die extra mitgefahren sind und
mich dann wie immer tatkräftig unterstützt haben, heute in Form von zahlreichen
Mechanikereinsätzen.
Und danke an meinen wunderbaren Freund, der heute so manchen
Kilometer mit mir gelaufen ist, meine Achterbahnfahrt der Stimmung mitgemacht
hat und einfach alles getan hat, damit ich weiterfahren kann.
Nächstes Wochenende steht der Marathon in Bischhausen an,
diesmal allerdings mit Flickzeug, Schlauch und Luftpumpe im Gepäck. Man weiß ja
nie.
Keep calm and ride on,
Evelyn
Zitate des Tages:
-"Und da kommt die Titelverteidigerin! Oh, heute zu Fuß!"
-"Das ist mein selbstgemachtes Energie-Gel aus Espresso und Honig.
- Ah ja cool, bei mir schlägt Kokain auch immer sofort an!"
-"Und da kommt die Titelverteidigerin! Oh, heute zu Fuß!"
-"Das ist mein selbstgemachtes Energie-Gel aus Espresso und Honig.
- Ah ja cool, bei mir schlägt Kokain auch immer sofort an!"
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